Sonntag, 16. Oktober 2016

Test eines alten Kaufhausteleskops (Meade 4500)

Zur Abwechslung konnte ich ein in die Jahre gekommenes Meade 4500 testen. Dieses Teleskop wurde als Mond- und Planetenteleskop verkauft. Es hat eine Öffnung von 114 mm und eine Brennweite von 910mm. Mit diesen Werten ergibt sich somit ein Öffnungsverhältnis von f/8 was eigentlich auch Deep Sky zulassen sollte. Zum Vergleich - unser C8 hat ein Öffnungsverhältnis von f/10, das ETX sogar f/13.8 - beide sind somit lichtschwächer, als das 4500er.
Meade 4500 - Kaufhausnewton
Das Teleskop wurde mit einer parallaktischen Montierung ausgestatttet. Diese entspricht in etwa der heute noch zu bekommenden Skywatcher EQ-1. Sie trägt meines Erachtens das Teleskop "gerade noch". Die Einstellung der Polhöhe ist mehr ein Geduldspiel, da die mit Schneckentrieb verbundene Stellschraube ein hohes Spiel aufweist. Da das Teleskop jedoch nur für visuellen Gebrauch konstruiert ist, spielt dies nur eine geringe Rolle. Die beiden verbauten Teilkreise haben ebenfalls ein Spiel. Dreht man an den beiden Wellen reagiert das Teleskop nicht unmittelbar.

Trockentest:

  • Nach Übernahme wurde die Spiegeljustierung geprüft. Das Teleskop scheint schon einige Zeit unbenutzt zu sein - hier muss ich mit dem Prüflaser ran und die beiden verbauten Spiegel zueinander justieren. Überraschenderweise verfügt das Teleskop über die heute üblichen Stellschrauben, sodaß nach 5 Minuten das System wieder justiert ist.
  • Das Sucherrohr hat 6-fache Vergrößerung und 30mm Öffnung (kurz 6x30). Es ist sehr fein justierbar (insgesamt 6 Schrauben stehen zur Verfügung). Leider sind die Linsen des Okulars sehr locker und scheppern hörbar. Qualitativ ist hier China-Plastik verbaut, weshalb ich es für den Test durch ein vorhandenes Celestron 6x30 ersetze.
  • Zur Aufstellung und Einrichtung des Teleskops im Freien reicht ein Kompass und ein Winkelmesser. Es reicht hier wirklich eine grobe Ausrichtung, da die verbauten Teilkreise auch nur grobe Einstellungen zulassen - einscheinern, etc. ist nicht notwendig. Zum schnellen Spechteln ideal.
Teilkreise auf der Montierung
  • Es ist bei mir schon geraume Zeit her, als ich noch ohne Computer nur mit den Teilkreisen arbeitete. Aber so, wie Radfahren und Schwimmen - das verlernt man eigentlich nicht. Bekannten Stern im Teleskop sichtbar machen. In der Sternenkarte seine R.A.-Koordinate ablesen und am Teilkreis einstellen. Hiermit ist das Teleskop am Himmel ausgerichtet und grob eingestellt. Danach die Koordinaten des Zielobjekts einstellen und das Objekt der Begierde beobachten. Bedingt durch die Erdrotation muss man mit der RA-Welle immer nachregeln. 

Erfahrungen am Gerät:

  • Die Montierung ist, wie befürchtet, für diese Rohr knapp unterdimensioniert und fühlt sich schwammig an. Das Spiel der Bedienungswellen für RA und DEC verstärkt den schwammigen Eindruck noch. 
  • Einen Stern ins Blickfeld des Teleskops zu bekommen war einfach - hierzu musste jedoch der Sucher noch justiert werden, was dank der 6 Schrauben sofort möglich war. Danach Stern "anfahren" und im Teleskop zentrieren. Das mitgelieferte Okular (Meade MA25) erfüllt zwar seinen Zwecke, ich verwende jedoch zwei meiner eigenen Okulare (Celestron Nagler 40mm und ein TS 12mm Super-Plössl). Der direkte Vergleich mit dem MA25 zeigt, dass die Verwendung besserer Okulare positive Auswirkungen hinsichtlich Abbildungsqualität zeigt.
Okular: Meade MA25
  •  Die Arbeit mit den Teilkreisen funktioniert wie erwartet. Ich habe für den Test den knapp im Süden stehenden Mars angefahren und danach die RA-Koordinate korrigiert. Danach die Koordinaten von M11 eingestellt - ein Blick durch das Okular und der Sternhaufen war im Blickfeld des 40mm-Okulars. Er wird durch das Teleskop aufgelöst und ist auch durch das 12mm schön anzusehen. Klarerweise ist die 4,5"-Öffnung gegenüber 8" des C8 bzw. unseres Foto-Newtons merkbar. Da fehlts halt an Öffnung. Die Helligkeit ist jedoch mit dem C8 vergleichbar (der Unterschied zwischen f/8 und f/10 visuell nicht zu unterscheiden).
Meade 4500 "in action"

Fazit:

Für den Anfänger ein Gerät, das bei entsprechender Einweisung sicher Spass machen kann. So, wie es jedoch verkauft wurde (bzw. mit ähnlichen Geräten immer noch wird), wird die Anfangseuphorie bald erloschen sein. In der Hand eines erfahreren Beobachters mit zusätzlichem Equipment aber durchaus ein Spaßgerät, das schnell aufgestellt ist und Deep-Sky erlaubt. Für mich ein "Back-to-the-roots"-Erlebnis, da ich zuletzt vor 10 Jahren mit Teilkreisen gearbeitet habe (unser C8 hatte früher eine motorisierte Gabelmontierung mit Teilkreisen).

Für die kleine Balkonsternwarte sind solche Geräte somit durchaus brauchbar. Wie würde ich ein solches Gerät einsetzen:
  • die Montierung sollte motorisiert sein um damit die Erdrotation auszugleichen. Hierzu sei bspw. auf die Skywatcher EQ-3 mit Nachführmotor verwiesen, die genügend Reserven hat, um ein Teleskop wie das Meade 4500 zu tragen. 
  • Statt eines Sucherfernrohrs würde ich einen Telrad einsetzen, um schnell Objekte zu finden.
  • Bei Neukauf eines solchen Teleskops auf jedenfall ein besseres Übersichtsokular dazu nehmen. 
PS: Von einem fotografischen Test wird jedoch aufgrund der vorliegenden Montierung abgesehen - eventuell werden wir zu einem späteren Zeitpunkt ein paar Mondaufnahmen machen.

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