Montag, 11. November 2019

Scripting Pixinsight - die Reise beginnt

Astrofotografie ohne Pixinsight ist wie Autofahren ohne Auto. Die Einstiegshürde ist jedoch wesentlich höher und wenn man glaubt es bedienen zu können scheitert man auf einmal an den vermeintlichen Basics der Ausarbeitung von Astrobildern. Die Standardprozesse und einige der mitgelieferten Scripts leisten hervorragende Arbeit - sie sind mehr oder weniger gut dokumentiert und letztendlich kommt man irgendwann zu der Erkenntnis, dass man sich auch mit den mathematischen Hintergründen dieser Prozesse und Skripte auseinandersetzen muss um bei diesem Tool weiterzukommen. Aber das ist eine andere Geschichte und gewonnene Erkenntnisse in dieser Richtung werden sicher zukünftig in diesem Blog Einzug halten und näher erläutert. 

Noch schwieriger wird es, wenn man in die Programmierung von Skripten für PixInsight einsteigen will. Warum man das will? Nun, sagen wir es ist Informatikerehre die einen dazu treiben könnte. Noch dazu, wenn Astrofreunde einen dazu nach dem Motto "Sag mal, du als Informatiker kannst das sicher ..." bitten, ein bestehendes Skript zu erweitern. So geschehen letzte Woche - zwei bestehende Skripts sollen durch ein User-Interface erweitert werden, da für die Ausführung diese Skripts bisher zuvor editiert werden mussten. Das UI soll diese Konfigurationen nun grafisch möglich machen.

Konfiguration vor Start des Skripts


PixInsight hat eine Java-Script-basierte Scriptengine mit einer umfangreichen API. Javascript ist mir sehr geläufig, weshalb ich dafür nichts neues lernen muss. Aber - und jetzt kommt das Aber - es gibt keinerlei Dokumentation über die PI-API. PixInsight hat zwar einen "Objectbrowser" eingebaut, der liefert aber nur die vorhandenen Objekte, deren Eigenschaften und Methoden, sowie allfälliger Events, die von diesem Objekt empfangen werden können. All das als "Überschriften" ohne weitere Dokumentation.
Pixinsight - Objectbrowser
So startet man eine Odyssee in die Tiefen bereits vorhandener Skripts und fängt, Schritt für Schritt an, neue Erkenntnisse und "Aha's" iterativ in die gewünschte Erweiterung zu integrieren. Allzuoft gelangt man in eine Sackgasse aus der man dank GIT kann immer wieder auf frühere Versionen zurückkehren kann.

Neben der fehlenden Dokumentation gibt es auch noch ein weiteres Manko - ich bin es gewohnt, meine Javascript-Programme ausführlich testen bzw. debuggen zu können. Das Fehlen eines Debuggers schmerzt am meisten, den Zustand des Programms kann man nur durch einzubauende Commandline-Ausgaben feststellen - mühsam, und von mir zuletzt Anfang der 90er-Jahre so praktiziert.

Scripteditor

Der Scripteditor kann zwar Syntax-highlighting, das wars aber schon mit Komfort. Eine Navigation in den Sourcen ist nur über "Suche" möglich.

Was jedoch sehr versöhnlich stimmt ist, dass trotz dieser Schwierigkeiten die Erweiterung binnen kurzer Zeit fertig gestellt werden und meinen Astrofreunden übergeben werden konnte. Das positive Feedback freut dann umso mehr, wenn man an die letzten Tage dieser begonnenen Reise zurück denkt.
einer der fertigen UI-Prototypen

Wendet man sich wieder seinen gewohnten Entwicklungsumgebungen, Programmen und Testwerkzeugen zu, macht programmieren wieder so richtig Spass.

.

Montag, 30. September 2019

Visuelle Sonnenbeobachtung im Weißlicht

Achtung!!! Man kann es nicht oft genug sagen: "Don't try this at home!", wenn du nicht über die entsprechende Ausrüstung verfügst. Ich übernehme keine Verantwortung für Schädigungen an Augen und Haut im speziellen und Personenschäden im allgemeinen!

Warnung, auch am Zusatzgerät

Sonnenbeobachtung

Sonnenbeobachtung ist Sterneschauen untertags. Es gibt einiges auf der Sonne zum entdecken - Sonnenflecken, Protuberanzen, Details auf der Sonnenoberfläche, Merkur- bzw. Venustransits und so manch ambitionierter Astrofotograf hat auch schon einen ISS-Transit in den Kasten bekommen. In diesem Artikel werden Hilfsmittel zur visuellen Sonnenbeobachtung im Weißlicht vorgestellt.

Spiegelteleskop

Für Spiegelteleskope (Newton, Schmidt-Cassegrain, Maksutov-Cassegrain, ...) muss die Sonnenstrahlung vor Eintritt in den Tubus minimiert werden. Hierzu dienen Sonnenfilter, die vor die Teleskopöffnung montiert werden und somit nur mehr einen minimalen (ca. 0.00001%) Anteil der Sonnenenergie in den Tubus durchlassen. Unterschieden wird dabei zwischen Folien- und Glasfilter, wobei letztere je nach Öffnung empfindlich teuer werden können. Die Beobachtung der Sonne ist hierbei nur im Weißlicht möglich und zeigt die Sonne mit ihren Sonnenflecken. Protuberanzen und weitere Details der Sonnenoberfläche sind mit dieser Methode nicht sichtbar.

Der Balkonaut hat mit dieser Methode den Merkurtransit 2016 aufgenommen, wobei ein Glasfilter am ETX-90 eingesetzt wurde.

Meade ETX-90 mit Glassonnenfilter und DIY Sonnensucher

Merkurtransit und Sonnenflecken aus dem Jahr 2016

Apochromaten

Neben der für Spiegelteleskop möglichen Reduktion auf Objektivseite können hier auch okularseitige Maßnahmen zur Reduktion der Sonnenenergie getroffen werden. Hierzu gibt es spezielle Prismen (Herschelkeil, Brewsterkeil), die einen Teil der Sonnenenergie vor dem Auge des Betrachters wegleiten. Durch Einsatz von Neutral-Density-Filtern wird die verbliebene Energie weiter reduziert, bis nur mehr ein unschädlicher Anteil übrig bleibt. Mit diesen Geräten ist, wie schon beim Folien- und Glasfilter, die Beobachtung im Weißlicht möglich - Sonnenflecken können näher betrachtet werden. Durch Einsatz weiterer Filter (H-alpha) können auch weitere Oberflächendetails sichtbar gemacht werden (Oberflächengranular) - dies wurde allerdings mangels vorhandenem Filter von mir noch nicht getestet.

Der Einsatz von Herschel- bzw. Brewsterkeilen an Spiegelteleskopen ist NICHT möglich, da das durch den Primärspiegel gebündelte Licht zu Schäden an der nachfolgenden Optik und im schlechtesten Fall auch noch zu irreversiblen Gesundheitsschäden führt.

Test eines Herschelkeils am Lacerta 72/432-Apochromat

Vor kurzem konnte ich mir von einem Astrokollegen einen Herschelkeil mit zugehörigen ND-Filtern leihen und diesen an einem sonnigen Nachmittag testen.

Lacerta 72/432 mit Herschelprixma und Baader Zoomokular


Aufbau und Einsatz des Baader Herschelkeils

Der Anschluss erfolgt durch eine 2"-Hülse direkt am Apochromaten. Das Licht wird über das Herschelprisma zu ca. 97% unten aus dem Keil rausgeführt - die verbliebenen 3% werden durch einen fix eingebauten ND-3.0-Filter auf 0.003% der ursprünglichen Energie reduziert. Der Einsatz eines Okulars ist bei dieser Energiemenge jedoch noch immer nicht möglich.
Sonne im Prisma - 0.003% des ursprünglichen Lichts dank ND-3.0-Filter

Der Einsatz eines weiteren ND-2.0 Filters reduziert die Energiemenge auf 0.00003% - der Vergleich mit dem vorigen Bild zeigt dies auf eindrucksvolle Weise.
weitere Reduktion auf 0.00003% des ursprünglichen Sonnenlichts
Okular mit angeschraubtem ND-2.0-Filter


Dieser Filter kann in das Okular eingeschraubt werden und erlaubt so die gefahrlose Betrachtung der Sonne durch das Okular. Die Sonne zeigt jedoch aktuell kaum Aktivitäten - sie befindet sich im Minimum ihrer Aktivität.
der Blick in die Sonne
Leider eignet sich das vorgestellte Prisma in Kombination unseres Apochromaten nicht zur Fotografie - der Fokuspoint konnte mit angeflanschter Kamera nicht erreichbar werden.

Glasfilter vs. Herschelprisma

Beide Techniken haben ihre Vor- und Nachteile. Der Glasfilter zeigt ein "oranges" Abbild der Sonne, wohingegen das Prisma mit den ND-Filtern die Sonne bläulich erscheinen lässt. Der Glasfilter zeigt somit ein subjektiv natürlicheres Abbild. Das Abbild der Sonne erschien mir im Prisma schärfer - das müsste ich mal fotografisch testen, wenn ich nur in den Fokus kommen würde. Hier punktet wieder der Glasfilter.

Offen blieb für mich das Alleinstellungsmerkmal "H-alpha" mit dem Herschelprisma. Das werde ich bei Gelegenheit mal testen, sofern ich an einen solchen Filter rankomme.