Freitag, 31. August 2018

Test des Lacerta 72/432 Apochromaten

Bis vor kurzem hatten wir folgende Optiksysteme im visuellen, als auch im fotografischen Bereich im Einsatz:

  • Schmidt-Cassegrain: Celestron C8 (f=2000mm, f/10)
  • Maksutov-Casegrain: Meade ETX-90 (f=1250, f/13.8)
  • Newton: Skywatcher (f=1000mm, f/5)


Die Teleskope werden in unterschiedlichen Einsatzbereichen verwendet und haben sich in diesen bewährt - es folgt ein kurzer Überblick.

Celestron C8
Diese in den frühen 80ern revolutionäre Baureihe (bekannt als "orange tube") besticht durch ihre große Brennweite und doch noch guter Transportfähigkeit. 20cm Öffnung ergeben ein großes Lichtsammelvermögen womit eine "Wanderung" über die Mondoberfläche mit diesem Teleskop wahrlich ein Genuss darstellt. Planeten können ebenso, wie ferne Galaxien beobachtet werden. Also Fotomaschine für Planeten eignet es sich hervorragend, jedoch ist es Deep-sky-fotografisch aufgrund des Verhältnisses Brennweite zu Öffnung weniger geeignet. Abhilfe schafft hier ein Brennweitenreduzierer (Reducer), der eine Verbesserung auf f/6.8 bringt. Nachteilig ist auch der konstruktionsbedingte Spiegelshift, der das Fokussieren für Astrofotos zum Geduldspiel macht. Auch hier gibt es zwar Abhilfe - aber letztendlich wird dieses Teleskop von mir hauptsächlich visuell verwendet.

C8 auf EQ-6 am Balkon des Balkonauten

Meade ETX-90
Ein Reiseteleskop mit brauchbarer Brennweite, das jedoch ein sehr schlechtes Öffnungsverhältnis besitzt. Es hat sich bei 3 totalen Sonnenfinsternissen (1999 Österreich, 2001 Sambia, 2006 Türkei) und 2 Planetendurchgängen (2012 Venustransit, 2016 Merkurtransit) bewährt.

Merkurtransit 2016

Der in diesem Blogeintrag noch beschriebene Apochromat hat das ETX als Reiseteleskop abgelöst - es wird nur mehr visuell als Zweit/Drittgerät im Feld verwendet bzw. an Freunde, die mal ein Teleskop ausprobieren wollen, verliehen. Vorteil dieses Geräts ist sicher auch, dass es auf gewöhnlichen Fotostativen betrieben werden kann.

ETX-90 beim Merkurtransit am Balkon des Balkonauten

Newton Skywatcher 1000/f5
Eine echte Fotomaschine, die ein für Astrofotografie sehr günstiges Öffnungsverhältnis besitzt. Es ist für den Einsatz am Balkon jedoch eine Spur zu groß, weshalb es in unser Haus in die Steiermark übersiedelt wurde und dort zukünftig auf der gerade in Bau befindlichen Säule ihren Platz finden wird. Es war mein Einstieg in die Astrofotografie und dort vor allem der Einstieg in Deep-Sky. Visuell bin ich kein Freund von Newtons auf parallaktischen Montierungen. Hier würde ich Dobson's vorziehen.

Newton auf EQ-6 auf der "Hohe Wand"

Mein erster Apochromat
Zu meinem 50er haben mir meine Familie und Freunde einen kleinen Apochromaten geschenkt. Ich muss sagen, hinsichtlich optischer Abbildungsqualität ist ein Apochromat jedem meiner bisherigen Optiksystemen überlegen. Allerdings werden sie mit steigender Brennweite und Öffnung unbezahlbar, weshalb der vorliegende ausschließlich für Widefield-Aufnahmen Verwendung findet. Die Größe und das geringe Gewicht dieses Teleskops machen ihn für mich zum perfekten Reiseteleskop - astrofotografisch hat er sich heuer bereits in Namibia mehr als bewährt.

Eta Carinae Nebula - ein Ergebnis nach ca. 6 Stunden Belichtung mit dem Apo


Seine Daten:
  • Hersteller: Lacerta
  • Brennweite: 432mm
  • Öffnung: 72mm
  • Öffnungsverhältnis: f/6
  • Flattener zur Bildfeldebnung
  • Fokussierer mit 1:10-Getriebeuntersetzung


Nachdem ich das Teleskop im September 2017 überreicht bekommen habe, begann das lange Warten auf First-light. Das Wetter hat bis Dezember 2017 kaum mitgespielt, bzw. wenn es mal gepasst hätte, hatte ich keine Zeit. Im Dezember dann visueller First-light - und eine bis zu diesem Zeitpunkt unbekannte Qualität der Sternenabbildung. Das machte natürlich Lust auf mehr - der Einsatz als astrofotografische Optik.

Astrofotografisch wird noch ein zusätzlicher Flattener zur Bildfeldebnung an das Teleskop geschraubt. Hier hat Lacerta ganze Arbeit geleistet, der Flattener wird fest mit dem Teleskop verschraubt, wodurch hier nichts kippen kann. Der Fotoapparat wird über einen T2-Ring mit dem Flattener verschraubt - das optische System kann hierdurch als eine Einheit gesehen werden.

Das Teleskop kann durch sein geringes Gewicht auch auf kleineren Montierungen einwandfrei betrieben werden. Die schwere EQ-6 wurde deswegen durch eine Celestron AVX ersetzt - die EQ-6 wandert ebenso, wie der Newton auf die Säule in der Steiermark. Das Setup ist bereits mehrmals "Hohe-Wand"-erprobt. In Namibia wurde der Apo auf einer EQ-6, sowie auf einer EQ-8 betrieben. Zugegeben - auf letzterer sah er echt "lächerlich" aus...

Apo Setup "Hohe Wand" - AVX mit kleiner Kreuzschiene

Visuell kommt seit Sommer 2018 ein Baader-Zoom-Okular zum Einsatz - auch dieses hat mich restlos überzeugt. Mit 2.25x-Barlow-Linse waren am Balkon der GRF und diverse Wolkenbänder am Jupiter gestochen scharf zu erkennen. Das hab ich bisher nur mit dem C8 in der Form wahrgenommen, wenngleich hier das Tubusseeing mir oft einen Strich durch die Rechnung machte.

Um das Teleskop samt Zubehör auf der Montierung in allen Achsen in die Waage zu bringen wurde ein zusätzliches 1kg-Gewicht angeschafft, das für den notwendigen Ausgleich am Teleskop sorgt. Weiters wurde ein Sucherschuh am Tubus montiert, damit ein Leuchtpunktsucher am Tubus befestigt werden kann. Beim fotografischen Einsatz kommt eine kleine Kreuzschiene zum Einsatz, um auch das Guidingscope in die optische Achse zu bringen. Ohne dieser Kreuzschiene müsste das Guiding-Scope auf dem Tubus Platz finden - bei der kurzen Bauart dieses Teleskops ist die Schiene meines Erachtens die bessere Wahl.
Apo auf EQ-6 mit großer Kreuzschiene

Apo auf EQ-8 - gerade noch in die Waage gebracht

Der Einsatz auf einer Reisemontierung wie der Star-Adventurer von Skywatcher ist nur visuell sinnvoll. Fotografisch muss ich diese Kombination noch testen - die Verwendung des 300mm-Tamron-Apo auf der Star-Adventurer war jedoch schon grenzwertig.
Star Adventurer mit 300mm Apo-Teleobjektiv - ein Grenzfall
Fazit
Bisher hat der Apo all meine Erwartungen übertroffen. Die Astrofotografie wurde durch ihn für mich auf ein neues Level gehoben. Die Erweiterung um eine echte Astrokamera ist nur eine Frage der Zeit. Der Apo zickt in keiner Weise astrofotografisch herum und bringt immer seine Leistung. Er ist äußerst transportabel - ein Koffer ist im Lieferumfang vorhanden. Zusammen mit dem Koffer bringt er gerade mal 5kg auf die Waage. Ein Manko hat er - bei Teleskoptreffen wird er häufig als "Sucherteleskop" betitelt. Aber in diesem Fall trifft keinesfalls "size matters" zu... Oder doch? Vielleicht im Auge des Betrachters, der die Größe des Rohrs ev. ... naja, lassen wir das. ;-) 

Eine Optik, die ich wirklich jedem, der ernsthaft einsteigen möchte empfehlen kann.

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